"Es ist alles getan" - 3 Tage im Kloster

 

Ich habe mir mal wieder eine Auszeit im Kloster genommen - das vierte Mal jetzt. Wie es dieses Mal so war, liest Du hier.  

 

Da war es wieder soweit. Relativ kurzfristig habe ich noch ein Zimmer in einem Kloster bekommen. Ich wollte gerne ein paar Tage raus. Mal was anderes sehen und in mich gehen. Also machte ich mich auf nach St. Marienthal - 3 Stunden von Berlin entfernt. 

 

Vom Bahnhof lief ich bei schönstem Sonnenschein die 2,5 km zum Kloster zu Fuß. Ostritz, ein kleiner idyllischer Ort, der wie so viele andere Orte in der Region, 2010 sehr stark vom Hochwasser betroffen war. Der Weg ging immer geradeaus und nach einer Abbiegung sah ich es plötzlich. Ich war da. 

 

 

Die Klosteranlage ist sehr beeindruckend, barock-pompös. Am Empfang wurde ich von einer sehr freundlichen Dame auf mein Zimmer geführt. Sinngemäß sagte sie, 3 Sterne Standard wohnen, aber auf Klosterniveau bezahlen. Deswegen werden die Zimmer wohl auch auf booking.com angeboten. ;) Das Zimmer war wirklich sehr schick und die ganze Anlage äußerst modern und ansprechend. 

 

Am Anfang wollte ich natürlich alles einmal anschauen, entdecken und um jede Gebäudeecke blicken. Daher machte ich direkt am ersten Tag eine Klosterführung mit, um mehr zu erfahren. Aktuell leben 10 Schwestern (des Zisterzienser Ordens) im Kloster. Das Durchschnittsalter liegt bei 78. Man kann verstehen, dass sie auch von Nachwuchssorgen sprechen. Die Schwestern selbst leben eher zurückgezogen. Bei den Gebetszeiten und im Gästehaus selbst kann man sie jedoch antreffen. 

 

Das Klosterstift beherbergt auch ein internationales Begegnungszentrum und liegt auf dem Oder-Neiße Radweg. Daher ist auf dem Gelände immer recht viel los. Mir war das manchmal zu viel, so dass ich doch auch einige Zeit in meinem Zimmer verbracht habe. Denn dort war es still. Absolut still. Es war herrlich. Gerade wenn man das als Berlinerin nicht so oft genießen kann. 

 

 

 

Es gibt 7 Gebetszeiten am Tag, die erste (werktags) um 5 Uhr. Ich war dann erst um 7 Uhr zur Heiligen Messe am Start. Dabei habe ich den Priester mit sehr starkem polnischen Akzent nicht so gut verstanden. Die Schwestern sind nur bei der Heiligen Messe (unten) im großen Kirchenraum. Ansonsten sind sie - relativ gut verborgen - auf einer Empore, um ihre Gebetszeiten abzuhalten.

 

 

Da das Kloster sehr touristisch ist, war eine stille Andacht zu den Rush-Hour-Zeiten so gut wie unmöglich. Türe auf, Türe zu, klack klack klack nach vorne latschen, flüstern, tuscheln, fotografieren… naja, du kannst es dir vorstellen  Ich habe es als Übung gesehen. Geärgert habe ich mich manchmal trotzdem. 

 

 

Auch wenn das Klostergelände groß ist, so sind viele Bereiche für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Wenn man jetzt nicht gerade auf große Wanderung geht, hat man mit einmal rechts und einmal links zum Kloster raus, auch schon alles gesehen. 

 

Ich unternahm schon auch mal einen Spaziergang, aber die meiste Zeit verbrachte ich im Kloster selbst. Auf einer Bank  ließ ich meine Gedanken treiben und machte mir in meinem Tagebuch auch einige Notizen. Dass mir in den 3 Tagen 2 Stifte „leer gingen“, sah ich als Zeichen, auch einfach mal nicht zu schreiben.

 

Ich übe mich die letzten Jahre mehr und mehr darin, darauf zu vertrauen, dass wirklich wichtige Gedanken, wieder kommen werden. So pendelte ich zwischen Kirche, Bank und Zimmer. Schon nach der Hälfte der Zeit hatte ich ein tiefes Gefühl von „Es ist alles getan". Ich hatte absolut nichts vor. Ein befreiendes, aber auch irritierendes Gefühl. Ist doch sonst - augenscheinlich - immer etwas zu tun. Ich musste schmunzeln, da ich dieses Gefühl sehr oft in meinen Yogaklassen erwähne: "Es gibt jetzt nichts mehr zu tun". Das war irgendwie stark. 

 

 

Im Kloster selbst hatte ich von Anfang an keinen Empfang und so stellte ich mein Handy in den Flugmodus und hatte es nur zum fotografieren dabei. Aber auch das ließ ich nach und nach sein. Kein „Das will ich fotografieren“, kein „ Das muss ich mir aufschreiben“, kein „Das will ich festhalten“. Was zur Folge hatte, dass sich an Tag 2 sehr deutlich ein Gefühl von Langeweile einstellte. Spannender Wechsel von diesem zufriedenen-gesättigten "Es ist alles getan" zu diesem quengelndem "Mir ist langweilig".

 

Ich habe diesem Gefühl bewusst Raum gegeben. Möglichkeiten zur Ablenkung gäbe es ja trotzdem genug. Und warum das Ganze? Ich wollte herausfinden, was danach kommt. Gerade in der Meditation ist „mein Thema“ Langeweile. Ich langweile mich ganz schrecklich.  Eine Meditationslehrerin hat mich einmal gefragt: „Mirijam, was ist hinter der Langeweile?“. Sehr gute Frage. Ich kann die Pointe vorwegnehmen - ich weiß es immer noch nicht. So lag ich in meinen Zimmer auf meinem Bett und starrte den Himmel an, wechselte auch schon mal auf den Sessel oder saß - ganz überraschend - mal wieder auf „meiner Bank“. Auch wenn es kein klassisches Meditationssetting war, so fühlte es sich doch wie Meditation an. 

 

Ich beobachtete meine Gedanken. Und ich schaute darauf, was ist genau jetzt. So saß ich damit. Mal ganz zufrieden, mal genervt. Ganz bewusst sich nicht ablenken lassen. Dabei fand ich Gefallen daran, wirklich hinzuspüren, was jetzt dran ist. Möchte ich wirklich einen Kaffee trinken oder will ich das, um etwas zu tun zu haben? Bin jetzt wirklich hungrig oder will ich aus Langeweile essen? Ist das jetzt wirklich ein interessanter Gedanke, der es wert ist, notiert zu werden oder will einfach nur was tun? usw. usf.

 

 

So vergingen die Tage. Da ich nun schon das vierte Mal im Kloster war, bin ich immer wieder erstaunt, wie unterschiedlich die Aufenthalte jeweils sind. Jeder Besuch hat eine andere Qualität. Ich nehme immer etwas anderes mit und das genieße ich sehr. 

 

Falls Du auch mal eine Auszeit im Kloster nehmen möchtest, findest Du im Netz einige Übersichtsseiten z. B. Stille finden. org. Oder Du kannst auch über die "Klöster in Deutschland"- Wikipdedia Liste passende Orte für Dich suchen. Zu dieser Liste gibt es auch Unterseiten zu den jeweiligen Bundesländern. Von dort aus, kannst Du stöbern, was es in Deiner Nähe gibt. 

 

Meine Reisen haben mich bisher zu folgenden Orten gebracht:

 

10/2015  Kloster Engelthal (Benediktinerinnen)

Altenstadt (Hessen), Großraum Frankfurt/Main

 

10/2016  Kloster Alexanderdorf  (Benediktinerinnen)

zwischen Zossen und Trebbin, Großraum Berlin 

 

11/2017  Manresa Retreat House (Jesuiten)

Malta bzw. Gozo 

 

07/2020  Kloster St. Marienthal (Zisterzienserinnen)

Zwischen Zittau und Görlitz 

 

08/2024 Kloster St. Georgenberg (Benediktiner)

bei Stans in Österreich

  

Vielen Dank für Dein Interesse an diesem Artikel. Ich wünsche Dir alles Gute!