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Jedes Leben ist heldenhaft.
Carina El-Nomany
In diesem Blogartikel erfährst Du mehr über die sogenannte Helden- bzw. Heldinnenreise*. In der oben stehenden Infografik erhältst Du schon einen Überblick, wie diese abläuft bzw. welche Stationen zu einer Heldinnenreise gehören können.
Der Heldenreisen-Mythos ist Dir sicherlich bekannt aus Filmen, wie z. B. Star Wars, Matrix oder Herr der Ringe. Es gibt einen Protagonisten, der einen Auftrag erhält und daraufhin in ein Abenteuer aufbricht, das ihn transformiert und zum Helden wachsen lässt.
Die Heldinnenreise lässt sich sehr gut und wirksam auf das eigene Leben übertragen. Dabei kannst Du Dich z. B. fragen:
Zu welchen Abenteuern und Prüfungen bin ich schon aufgebrochen? Das Konzept lässt sich auf das gesamte Leben anwenden oder auf einzelne
Lebensphasen, die einen solchen Zyklus beschreiben.
Um Dich bei diesem Transfer zu unterstützen, erhältst Du am Ende kraftvolle Reflexionsfragen. So kannst Du das theoretische Konzept ganz praktisch auf Dein Leben beziehen. Ziel des Ganzen ist, Dich zu empowern und erkennen zu lassen, was Du alles schon in Deinem Leben gemeistert hast. Welche "Gewinne" kannst Du aus schmerzhaften Erfahrungen ziehen? Welche Prüfungen haben Dich rückblickend gestärkt? Es ist eine Einladung Dich in Deinem ganzen Glanz zu sehen und die Heldin in Dir zu entdecken.
Prima, dann würde ich sagen... los geht's.
Was ist die Heldinnenreise?
Die Heldinnenreise geht zurück auf Jospeh Campbell einen US-amerikanischen Professor und Publizist auf dem Gebiet der Mythologie (auch:
Mythenforscher). 1949 veröffentlichte Campbell das Buch "Der Heros in tausend Gestalten". Das Werk behandelt das Motiv der Heldinnenreise (Original: Heldenreise).
Nach Campbell haben sich viele weitere große Denker*innen mit der Heldinnenreise beschäftigt. Einige davon findest Du zum Schluss des Artikels in der Rubrik "Bücher/Quellen".
Im Folgenden gehe ich näher auf Jospeh Campbell, Paul Rebillot und Carina El-Nomany ein.
Joseph Campbell
Campbell untersuchte die Gemeinsamkeiten in Mythen und Märchen aus verschiedenen Kulturen und Epochen. Er entdeckte, dass sie alle ein gemeinsames Muster aufweisen, das er "Monomythos" nennt. Dieses Muster beschreibt die Reise einer Heldin, die aus ihrer gewohnten Welt in eine unbekannte Welt aufbricht, sich Herausforderungen stellt und schließlich mit neuen Erkenntnissen und Fähigkeiten in ihre gewohnte Welt zurückkehrt.
Paul Rebillot
Im Coaching-Kontext begegnete mir die Heldinnenreise als gleichnamiges Seminar, das von Paul Rebillot, einem Schauspieler, Regisseur und
Gestalttherapeuten entwickelt wurde. Er machte daraus einen Selbsterfahrungsprozess. Für Rebillot spiegeln die Heldenmythen unseren täglichen inneren Konflikt zwischen Sehnsucht und Sicherheit
wider. Er begreift diesen inneren Konflikt als Chance und erkennt in ihm das enorme Potential für tiefgreifenden persönlichen Wandel.
Einige Methoden-Beispiele aus diesem Seminar sind:
• Einzel-, Partner-, und Gruppenübungen
• Körper- und Gestaltarbeit (Tänze, Atemübungen)
• Imaginationsübungen (Fantasiereisen)
• Meditationen und Achtsamkeitsübungen
• Inszenierungen, Rollenspiele und Rituale
In einer solchen Selbsterfahrung spielen Körper, Geist und Gefühle eine wichtige Rolle. Diese persönliche Heldinnenreise kann dabei unterstützen Kopf, Herz und Bauch in Einklang zu bringen und
Widerstände, sowie Blockaden zu überwinden. Eine solche Erfahrung kann dem Leben neuen Schwung geben und lässt oftmals eine Vision für den weiteren Lebensweg erkennen. Die Heldinnenreise
unterstützt ganz allgemein „Ja“ zu sich selbst zu sagen.
Carina El-Nomany
Einen interessanten Selbstcoaching-Ansatz in Bezug auf die Heldinnenreise hat Carina El-Nomany entwickelt. Sie bezeichnet sich selbst als
Business-Schamanin und beschreibt diesen Ansatz in ihrem Buch "Die Essenz der Heldenreise Leben".
Darin schreibt sie: "Die Lebensgeschichte und die Essenz der Heldenreise Leben sind zwei unterschiedliche Dinge. Die Essenz ergibt sich aus der Lebensgeschichte und beschreibt die Transformation,
die bereits dadurch erfolgt ist, dass der Mensch seine/ihre Erfahrungen gemacht hat. (...) Essenz bedeutet Extrakt, das Wesentliche, das
Entscheidende aus etwas Größerem zu ziehen. (...) Die Essenz wirkt wie eine ganz individuelle Medizin. Die regelmäßige Einnahme hilft, alte Wunden zu heilen!"
Als Teil dieses Selbstcoachings beschreibt sie die Reflexionsübung
"Der Lebensbaum". Der Lebensbaum gehört zur Mythologie vieler Völker und ist ein altes Symbol der kosmischen Ordnung. "Der Lebensbaum (dient) als 'Erinnerung' auf einen Blick", schreibt El-Nomany.
Bei dieser Reflexion geht es um die 3 Teile des Lebensbaumes: Die Wurzeln, den Stamm und die Krone. Bei der Übung zeichnest Du einen Baum mit seinen 3 Teilen und notierst bzw. reflektiert, was jeweils dazu gehört. Im Folgenden stelle ich Dir verkürzt einige Impulse dazu vor.
Disclaimer: Bei dieser Reflexion ist es wichtig über ausreichend mentale und emotionale Ressourcen zu verfügen. Bitte achte hier gut auf Dich. Diese Art von Selbstcoaching kann bei vorliegen einer psychischen Erkrankung nicht empfohlen werden.
DIE WURZELN
- Was hat Dein Leben, so wie es heute ist, geprägt? Was hat Dich hierher geführt?
- Was sind Deine Grundlagen? (Es gibt hier kein gut oder schlecht.)
Mit dem Aufschreiben akzeptierst Du Deine Wurzeln. Das heißt nicht zwangsläufig, dass Du sie gut findest. Du nimmst an, dass es so war. Bei jeder
Wurzel frage Dich: Wie wirkt es heute noch in mir und in meinem Leben? Welche „Geschenke“ hat mir dieser Umstand bzw. diese Erfahrung für mein heutiges Leben gemacht und was gilt es noch zu
heilen, zu lernen oder zu überwinden?
DER STAMM
Alles, was Dein Leben heute ausmacht:
- Die Menschen die Teil Deines Lebens sind und auch die Menschen, die fehlen
- Dein Beruf, was Du tust, Deine Profession, Deine Berufung
- Wie Du lebst
- Die Rollen, die Du im Leben inne hast
- Das, was Dir wichtig ist
- Deine zum jetzigen Zeitpunkt gelebten Werte
DIE KRONE
Alles, was in Deinem künftigen Leben sein soll:
- Die Vision Deines Lebens
- Die Spuren, die Du hinterlassen willst
Weiter unten im Artikel findest Du weitere Reflexionsfragen von El-Nomany.
Stationen der Heldinnenreise
Der folgende Abschnitt beleuchtet nun die einzelnen Stationen der Heldinnenreise genauer. Grundsätzlich findet sich in den verschiedenen Quellen,
eine unterschiedliche Anzahl an Stationen. Hier in diesem Blogartikel sind es 6. Je nachdem wie klein die Schritte unterteilt werden, können es auch bis zu 12 (oder mehr) sein.
1. Station - Gewohnte Welt und Ruf vernehmen
Die Heldin lebt in ihrer gewohnten Welt, die sicher und vertraut ist. Es geht alles seinen gewohnten Gang bis zum eintreffen eines spezifischen Ereignisses. Dieses Ereignis stört die gewohnte Welt der Heldin und ruft sie in ein Abenteuer.
Neben einem Ereignis, kann es auch eine Botschaft sein, die sie erhält und auffordert ins Unbekannte aufzubrechen. Manchmal erlebt die Heldin auch
einen spezifischen Mangel oder ganz plötzlich erscheint eine Aufgabe bzw. ein Auftrag in ihrem Leben.
2. Station - Verweigerung des Rufs, Mentor*in erscheint
Die Heldin zögert aus Angst oder Zweifel zunächst den Ruf anzunehmen. Fragen oder Gedanken folgender Natur können auftreten: Bin ich die Richtige für diesen Auftrag? Warum ich? Der Auftrag ist zu groß für mich! Ich traue mir das nicht zu.
In dieser Phase trifft sie i.d.R. auf eine Mentorin, die ihr Ratschläge und Unterstützung für ihre Reise gibt. Meist eine ältere, weise Figur, die
ihr Mut zuspricht und an sie und ihre Fähigkeit glaubt.
3. Station - Reise in die unbekannte Welt, Schwellenübertritt
Die Heldin verlässt ihre bekannte Welt und lässt sich auf das Abenteuer ein. Sie begibt sich auf die Reise ins Unbekannte. Damit übertritt sie die
Schwelle. Dabei begegenen ihr manchmal sog. "Schwellenhüterinnen", die den Zugang zu einer neuen Welt bewachen. Das können Personen, Tiere, Fabelwesen oder auch Gegenstände sein. Mit dem
Schwellenübertritt beginnt die Transformation und die Heldin betritt ein unbekanntes und oftmals mysteriöses Reich.
4. Station - Herausforderungen, Prüfungen
In dieser Phase sieht sich die Heldin verschiedenen Bewährungsproben, Prüfungen und Versuchungen gegenüber. Es gibt Siege und Niederlagen. Oftmals
hat sie dabei Helfer*innen oder Verbündete an ihrer Seite, um sich Gegner*innen zu stellen und zu kämpfen. Dabei dringt sie stetig tiefer vor und nähert sich dem Kern des Abenteuers und der
größten Herausforderung. Es erwatet sie der zentrale Prüfungsakt, sozusagen die Endgegnerin. Ihr Mut und ihre Entschlossenheit werden auf die Probe gestellt.
5. Station - Transformation, Auferstehung
Nach verschiedenen Herausforderungen und Kämpfen besteht die Heldin die letzte Prüfung bzw. besiegt die Endgegnerin. Dafür erhält sie eine Belohnung, einen Schatz und/ oder ein Elixier. Sie erlangt neue Ressourcen und seelische Reifung ihres Selbst. In dieser Transformation geht es um Tod und Wiedergeburt; um Offenbarung und Erkenntnis. Die Heldin durchlief eine Erfahrung, die sie verändert und reifen ließ. Diese Station kann sich für sie wie eine Art Auferstehung anfühlen.
6. Station - Rückkehr
Nach allem was die Heldin erlebt hat, kehrt sie nun zurück in ihre alte Welt. Sie
überschreitet die Schwelle zur Alltagswelt, aus der sie ursprünglich aufgebrochen war. Verändert durch ihre Erfahrungen kommt sie mit seelischer Reife, einem Elixier, einer Gabe oder neuen
Ressourcen wieder zurück in bekannte Gefilde. Diese dienen oftmals als Geschenk oder Lektion für ihre Gemeinschaft.
Reflexionsfragen
Wie zu Beginn des Artikels geschrieben, wollen Dich die Inhalte einladen, zu erforschen, was die Heldinnenreise für Dich bedeutet. Wie sieht Deine
persönliche Heldinnenreise aus? Wie kannst Du das Gelesene auf Dich übertragen? Sicherlich wirst Du an der einen oder anderen Stelle schon Brücken zu Deinen Lebenserfahrungen geschlagen haben.
Damit Du dies noch tiefer erkunden kannst, erhältst Du im folgenden kraftvolle Reflexionsfragen.
Nimm Dir dafür Zeit und sorge dafür, dass Du ungestört bist. Wenn Du magst, hole Dir Papier und Stift, um Notizen zu machen. Das geht natürlich auch digital. Atme 2-3x tief ein und aus bevor Du beginnst. Lass auch diese Reflexion eine transformiernde und erkenntnisreiche Reise für Dich werden.
Gegenwart (schau Dir dazu die oben stehende Infografik an):
- Auf welcher Station befindest Du Dich nach eigener Einschätzung gerade?
- Woran machst Du das fest?
- Was ist aktuell leicht für Dich leicht? Warum?
- Was ist herausfordernd? Warum?
- Wer sind Deine Mentor*innen und Vorbilder?
- Was glaubst Du, worum es für Dich gerade geht?
Rückblickend:
- Welche Herausforderungen und Prüfungen hast Du in Deinem Leben gemeistert?
- Welche Ängste und Zweifel hast Du überwunden?
- Welche wichtigen Lektionen hast Du aus Deinen Erfahrungen gelernt?
- Wie hat sich Dein Leben durch diese Erfahrungen verändert?
-
Welche Ressourcen und Unterstützung stehen Dir seitdem zur Verfügung?
- Was möchtest Du der Welt hinterlassen?
- Wie kannst Du Deine eigene Heldenreise nutzen, um andere zu inspirieren?
Zusätzliche Fragen:
- Wie gehst Du mit Rückschlägen und Misserfolgen um?
- Wie findest Du die richtige Balance zwischen Abenteuer und Sicherheit?
Es folgen weitere anregende Fragen aus dem Buch von Carina El-Nomany. Diese sind mit einer gewissen Distanz, von einer Metaebene, mit „dieser Mensch“ oder „diese Seele“ formuliert. Schau einmal, ob und wie sie mit Dir in Resonanz gehen.
- Was hatte dieser Mensch/diese Seele zu lernen?
- Welche Fähigkeiten haben sich aus einer „Überlebenstrategie“ (auch Anpassungsstrategie) entwickelt?
- Was hätte nicht geschehen oder sich entwickeln können, wenn nicht zuvor XY geschehen wäre?
- Was ist noch nicht hinreichend verabschiedet und was ist unwiederbringlich verloren?
- Was oder wen gilt es noch zu würdigen?
- Was gibt es sich oder anderen möglicherweise noch zu verzeihen?
- Was ist noch zu heilen oder zu überwinden?
- Welche Dämonen (Eigenschaften, Umstände, Menschen… die der Entfaltung Deines vollen Potenzials im Wege stehen), warten noch auf den Kampf?
Bücher/Quellen
- Joseph Campbell, Der Heros in tausend Gestalten
- Holger Lindemann, Die Systemische Heldinnen- und Heldenreise
- Holger Lindemann, Heldinnen, Ufos und Straßenschuhe
- Stephen Gilligan, Robert Dilts, Die Heldenreise
- Paul Rebillot und Melissa Kay, Die Heldenreise
-
Carina El-Nomany, Die Essenz der Heldenreise
Maureen Murdock hat das Buch geschrieben. Eine spannende weibliche Perspektive auf den Heldenreisen Mythos. In diesem Youtube Video (englisch) erfährst Du mehr.
Querverweis: In der großen Arkana im Tarot wird die Heldenreise des Narren beschrieben. Vielleicht ist das ein interessanter Hinweis für Dich, dem
Du weiter nachgehen magst.
Damit schließt dieser Blogartikel. Du hast ausführliche Informationen und Impulse, sowie kraftvolle Reflexionsfragen zur Heldinnenreise erhalten.
Lass die Inhalte gerne weiter in Dir arbeiten.
Ich danke Dir für's Lesen des Artikels und wünsche Dir erkenntnisreiches Erkunden.
*Ich nutze im Artikel die weibliche Form Heldin bzw. Heldinnenreise und gehe von einer weiblichen Protagonistin aus. Im Original von Joseph Campbell heißt es "Heldenreise". Mehr zur weiblichen Perspektive bzw. Adaption findest Du im Buch von Maureen Murdock (siehe Quellen).